Was ist bündisch?  

 

WERNER HELWIG

Genau weiß ich's nicht. Vielleicht ist es so: Das Wort bezeichnet ein Gefühl, stärker leben zu wollen, tiefer auszuschöpfen, daß man vorhanden ist. Mehr Welt zu gewinnen, als normalerweise angeboten wird. In diesem Wunsch findet man sich mit einigen Kameraden, die ähnlich geartet sind. Bindungen entstehen, die auf längere Sicht zu einem Bund führen. Der Bund wird zur Überperson, einer Art Riese, in dem der Einzelne sich mitbewegt. Der Riese reißt immer mehr Welt in seinen Umkreis. Der Einzelne kommt auf seine Kosten. Er wird, je nach seinen Fähigkeiten, eines der Organe des Riesen, ohne sich darin aufzugeben. Er hat am Ganzen teil, bestimmt das Ganze in seiner Richtung mit ... Jeder trägt anderes herzu, es wird zum Gemeinschaftsbesitz. Der Bund wird zum Organismus, klar und unwiderstehlich in seiner Aufteilung wie ein gesunder menschlicher Körper. Er übt sich im und am Handwerk des Lebens. Ordnungen stellen sich her, weil einer da ist, der viel übersieht und der damit zum führenden Organ der Selbstgestaltung des Bundes wird. Man billigt ihm seine Rolle zu und schenkt ihm damit die Kraft, zu sein, was man von ihm erwartet.

 

Hat der Bund sich in dieser Form verwirklicht, nimmt er aus der Welt auf, was zu ihm paßt und ihn bestätigt. Etwa Musik, Kunst, Natur, Verhaltensweisen im gesellschaftlichen Gefüge, wie sie die Zeit bedingen. Er übernimmt, was mit seiner Vorstellung übereinstimmt, und sucht zu verbessern, was dagegen steht. So entsteht ein Mitverantwortungswille innerhalb des Weltgeschehens, dank der Tatsache, daß man vorhanden ist: einmal und nie wieder.

 

Dies ist, meine ich, in seiner endlichen Ausformung das, was man bündisch nennen könnte.

 

Zurück zu: "Bündisch ist..."